Frühjahrsexkursion am 27. April 2019 nach Bischofszell
Unsere diesjährige Frühjahrsexkursion führte uns an einem Samstagmorgen im April nach Bischofszell im Kanton Thurgau. Wir trafen uns vor dem Eingang des Typoramas, welches Museum für Bleisatz und Buchdruck und zugleich Produktionsbetrieb ist. In zwei Gruppen konnten wir sowohl das Museum als auch die Papiermaschine PM1 aus dem Jahr 1928, die sich gleich nebenan befindet, besichtigen.
Durch das Typorama wurden wir von Herrn Wickenhäuser geführt: Er zeigte uns das Schriftgiessen von Hand mit einer geschmolzenen Blei-Zinn- Antimon-Legierung und einem Handgiessinstrument, wir bestaunten die Gassen der Handsetzerei mit ihren Setzregalen und unzähligen Typen, die in den Setzkästen nach Häufigkeit des Buchstabens in der jeweiligen Sprache geordnet sind, sowie das Gewicht einer fertig gesetzten Seite. Herr Wickenhäuser erklärte uns die ausgeklügelte Funktionsweise der Linotype Zeilensetzmaschinen und führte eine davon gleich vor, sodass wir dem Weg der Matrizen vom Magazin über das Band zur Gussvorrichtung und über den Elevator und eine kodierte Zahnstange zurück ins Magazin folgen konnten.
Das Typorama dokumentiert die Entwicklungen im Setzmaschinenbau anhand von insgesamt 15 Setzmaschinen (-anlagen), die in einer chronologischen Reihe die gesamte Länge eines der zwei Räume einnehmen; ebenso werden im zweiten Raum die Entwicklungen im Pressen- und Druckmaschinenbau von der Kniehebel-Handpresse über die Boston-Handtiegelpresse zu den Tiegelund Zylinder-Schnellpressen sowie den ((?))Ein- und Zweitouren-Automaten wunderbar aufgezeigt. Besonders schön war, dass Herr Wickenhäuser die einzelnen Maschinen nicht nur erklärte, sondern sie auch gleich vorführte, sodass die Funktionsweise und die Vor- und Nachteile einzelner Entwicklungsschritte sofort klar wurden. Da das Typorama nicht nur Museum, sondern auch Produktionsbetrieb ist, sind die Maschinen jederzeit einsatzbereit und die Mitarbeiter*innen die Arbeit an den verschiedenen Maschinen gewohnt – ganz im Sinne von Paul Wirth, der 1979 den Grundstein zu dieser umfassenden Sammlung gelegt hat, und nach dem Motto «Hier wirth noch, nicht hier hat man mal».
Blick in den Maschinenpark des TyporamasBlick auf die Papiermaschine 1Nicht weniger beeindruckend war die Führung von Herrn Rothmund durch die Anlage der PM1, die 1928 von der Heidenheimer Firma J.M. Voith gebaut wurde und in der Schweiz die älteste erhaltene Papiermaschine mit Einzelantrieb ist. Sowohl die Einzelteile der 223 Tonnen schweren und 37 Meter langen Papiermaschine als auch das Material für die Halle, die eigens für die Maschine gebaut wurde, wurden auf 420 Eisenbahnwaggons vom württembergischen Heidenheim nach Bischofszell transportiert. Besonders die Beförderung des 18 Tonnen schweren Glättzylinders sorgte für Staunen – damals unter den Zuschauern dieses Spektakels, heute bei uns, als wir versuchten, uns dieses Unterfangen vorzustellen. Die Papiermaschine wurde bis zu ihrer Einstellung 1991 von einem einzigen Elektromotor und mittels Ledertransmissionsriemen angetrieben; sie stellte von Karton bis Krepppapier die ganze Produktpalette her.
Nach diesen beiden spannenden Führungen liessen wir die Exkursion im Restaurant bei anregenden Diskussionen ausklingen – ein wunderbarer Tag für alle Papier- und Druckbegeisterten!
Ein ganz herzliches Dankeschön geht dabei an Josette Laager, die unsere Exkursion in grosszügigster Weise gesponsert hat und es sich nicht nehmen liess, uns in Bischofszell persönlich zu begrüssen und uns mit charmanter Liebenswürdigkeit einzuführen in diese besondere Papierstadt. Sie hat uns damit den Blick geöffnet für die Fabrik, die ihr im letzten Jahr verstorbener Mann, unser langjähriges treues Mitglied Peter Laager, viele Jahre geführt hat.
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