Zurück zur Typographie – Eine frische Reihe zur Wertschätzung des Buches und seiner Gestaltung

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von Nana Badenberg

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sph-Kontakte Nr. 98 | Januar 2014

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Handlich, schlicht und doch erfrischend unkonventionell kommen die Bände der neuen Reihe des Wallstein Verlages zur «Ästhetik des Buches» daher. Das Reihenformat ist vorgegeben, und nimmt man den vierfarbigen, jeweils mit formalen Finessen gestalteten Umschlag ab – Jan Tschichold hatte einst verkündet: «Schutzumschläge sollten auf einem nicht zu dauerhaftem papier hergestellt werden, damit sie bald in den papierkorb wandern müssen. Sie sind verpackung und gehören nicht zur buchkunst, sondern zur reklame» (zit. Fleischmann, 13) –, dann bleibt eine Gestalt, die egalitärer nicht sein könnte: eine fadengeheftete Broschur mit Blindumschlag. Schlägt man die uniform weissen Bände jedoch auf, so trifft man auf eine je eigene, unverwechselbare Gestaltung. Das fängt bei der Haptik der jeweiligen Papierwahl an und steigert sich zur optischen Varianz von Schrift und Satz.

Die ersten drei Bände, die seit August 2013 erschienen sind, stammen von namhaften Typographen. «Gesetzt und auf die Seiten gestellt», wie Gerd Fleischmann es im Impressum seines Bandes formuliert, sind sie jeweils vom Autor selbst. Den Auftakt machte Hans Andree mit, wie es zurückhaltend heisst, einem Beitrag zur Schrift- und Typografiegeschichte. Und die reicht von den Anfängen unseres phonetischen Alphabets bei den Griechen über die verschiedensten sich ablösenden Schriftträger (Wachstafel, Papyrus, Pergament, Papier, Bildschirm) und Buchstabenformen (Majuskeln, Unzialen, Minuskeln, karolingisch wie humanistisch, Aldinen und Groteskschriften, Linotype, Kelmscott Press und Schweizer Typographie etc.) bis hin zu den seit dem 20. Jahrhundert von «Werbegrafik» und «Informationstypografie» bestimmten Wahrnehmungs- und Lesegewohnheiten, die sich mit den heutigen «Telefon- und Bildschirmmedien» (61) weiter wandeln. Die grundlegende Frage, ob das aus der erzählenden Literatur und «alltäglichen Lesepraxis der Druckmedien herausgewachsene normale Erscheinungsbild des Lesetextes» in Form «der klassischen Buchdoppelseite und der Antiqua der Renaissance» Bestand haben wird (67), spielt der Band auch typographisch durch: Gesetzt in einer gediegenen Garamond und der – freilich nur dezent in den Bildlegenden verwendeten – serifenlos nach vorn blickenden Avenir wird der herkömmliche Lesefluss aufgebrochen, indem der Haupttext nur über die rechten Seiten ‹fliesst›, während auf den geraden Seiten jeweils durchnummeriert Zitate, Bilder, Ergänzungen und Erläuterungen dagegengesetzt sind.

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Fast schnippisch mutet wiederum der Titel von Gerd Fleischmanns Band, dem dritten der Reihe, an: Tschichold – na und ? Entsprechend zerschneidet die Umschlaggestaltung den grotesk gesetzten Namen des wahrscheinlich bekanntesten Typographen des vergangenen Jahrhunderts, setzt ihm das «na und» in aufmüpfiger roter Antiqua entgegen. In 24 Miniaturen spürt Fleischmann den mit den historischen Erfahrungen der Weimarer Republik, des Zweiten Weltkriegs und der Emigration in die Schweiz sich wandelnden Gestaltungsprinzipien Tschicholds nach, aber auch der Typographie des 20. Jahrhunderts im Allgemeinen: «Tschichold im Spiegel der aktuellen Situation der Buchgestaltung … und der Erfahrungen des Autors» (7). In der Mitte des Buches findet sich wie als Spiegelachse eine synoptische Gegenüberstellung der Satzregeln, die Tschichold 1947 für die Gestaltung der Penguin Books aufstellte, und deren vier Jahre später entstandener Adaption ins Schweizer Deutsch, gefolgt von ausführlichen Anmerkungen Fleischmanns. Um diesen Teil lesen und würdigen zu können, muss man das Buch quer nehmen. Die Frage, was der in späteren Jahren konservative Tschichold («Gute Typographie ist gutem Benehmen verwandt», zit. 11) zu so manch einer Buchgestaltung der Fotosatzära («Endlich unterschneiden ohne Fräse und Feile», 19) gesagt hätte, mag müssig wirken – sein Urteil wäre zumeist vernichtend ausgefallen. Doch dominiert die Frage viele der in der ersten Hälfte des Bändchens aus Sicht Fleischmanns diskutierten Titel: von Herta Müller über die Ullstein’sche Orwell-Ausgabe von 1978 bis hin zu Form und Inhalt von McLuhans Botschaften. In den Abschnitten des hinteren Teils stehen dann stärker die vom Körperlichen ausgehenden Qualitäten des Buches im Allgemeinen im Vordergrund: seine Haptik, Grösse (und Gewichtung), seine Akustik («Bücher kann man hören … Je nach Papierqualität und Papierstärke ist der Ton leise und sanft oder hart und trocken bis scheppernd», 53) und sein Geruch, die Mise en page und die Funktionalität als Kommunikationsmittel, vor allem aber die Frage nach der besten Typographie. Soll sie «unsichtbar» sein, Dienerin des Textes oder luxuriös, extravagant? 1970 plädierte Jan Tschichold anstelle der «Prunkbücher für Reiche» ganz entschieden für «wirklich gut gemachte normale Bücher» (55). Aus den Büchern für alle ist dank Desktop Publishing allerdings längst die Typographie für alle geworden. Doch: «Achten Buchkäufer und Leser überhaupt auf die innere Form, die Gestaltung von Büchern?» (24) Auch die Texte, mit denen Kindle & Co. um die Scharen der self-publisher werben, «sprechen nicht über die Form, die Materialität, die physische Qualität der Bücher, sondern immer nur über die Inhalte, die Absichten und die Chancen für die Autoren.» (Ebd.)

Neben die rein formalen und ästhetischen Kriterien sind heute weitere, auch ökologische getreten. Die Umweltbilanz des E-Books etwa oder die Möglichkeiten des digitalen Edierens mögen für sich sprechen. Und im Falle Musils beispielsweise, dessen Zeitroman schon beim Erscheinen so gar nicht der Behauptung des jungen Tschicholds entsprechen wollte, der Roman sei längst abgelöst von der short story, zu einer zumindest nützlichen Editionsform werden (61). Ob die Koexistenz der digitalen Welt (und ihrer real durchaus existierenden typographischen Möglichkeiten) mit den haptischen und optischen Erlebnissen traditioneller Buchästhetik tatsächlich friedlich ist, muss sich weisen.

Verblüffend jedenfalls sind jene von Fleischmann angeführten Zitate, die uns die Träume der neuen Typographen der 1920er Jahre vor Augen führen. So schwärmt etwa László Moholy-Nagy 1925 voraussichtig von der «Erfindung der fotografischen Setzmaschine» und ihren ungeahnten technischen Möglichkeiten, und bei El Lissitzky kommt bereits 1923 «die Elektro-Bibliothek» vor, die er wenn auch nicht kennt, so doch zumindest benennt. Benannt wird damit auch der Standort der Reihe: Bei allem Hype um die wabernd variablen Schriftgrössen der E-Books wird formal wie inhaltlich auf die Durchsetzungskraft einer dezidierten typographischen Gestaltung gesetzt; und selbst wenn Veröffentlichungen zur Schrift- und Buchkunst längst auch im Netz Legion sind, und man den Eindruck gewinnt, zur Ästhetik des Buches nichts neues mehr sagen zu können – alt ist die Rede von den technischen Revolutionen etwa einer Elektro-Bibliothek, immer wieder neu hingegen die handwerklich gekonnte Herstellung eines wohlgestalteten Buches.

Herausgeber der Reihe, die den saloppen und doch programmatischen Untertitel «Die Buchform und das Buch als Form» trägt, ist übrigens der renommierte Buchgestalter Klaus Detjen, der schon mit seiner typographischen Interpretation von Klassikern wie Poe, Büchner oder Borges für optisch innovative Lektüreerlebnisse vermeintlich altbekannter Texte sorgte. Im Januar 2014 wird Klaus Detjen für diese gestalterischen Kunstwerke in Ludwigsburg hoch verdient der Antiquaria-Preis verliehen.

In der Reihe «Ästhetik des Buches» sind 2013 erschienen:

  • Hans Andree: normal regular book roman. Ein Beitrag zur Schrift- und Typografie­geschichte. 72 S., br., Sfr. 27.90
  • Günter Karl Bose: Das Ende einer Last. Die Befreiung von den Büchern. 80 S., br., Sfr. 27.90
  • Gerd Fleischmann: Tschichold, na und?
  • 79 S.,  br. ,Sfr. 27.90

Es folgt als nächstes 2014: Roland Reuß: «Die perfekte Lesemaschine». Zur Ergonomie des Buches.

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