Zu Besuch beim Deutschen Arbeitskreis Papiergeschichte in den Niederlanden – 24. DAP-Tagung vom 3. bis 5. September 2015 in Ede (NL)
von Nana Badenberg
sph-Kontakte Nr. 101 | Oktober 2015
Ede zählt sicher nicht zu den bekanntesten Orten in Holland, aber es liegt in einer geschichtsträchtigen und auch papierhistorisch ergiebigen Region: In der Veluwe gab es einst rund 150 Papiermühlen, betrieben von Wasser, dessen Kraft man dem geringen Gefälle des Landes mit viel Geschick abringen musste (zum Vergleich: Windpapiermühlen im berühmten Zaangebiet nördlich von Amsterdam waren es wohl nur an die vierzig). Und bei Apeldoorn befindet sich das einst von Wilhelm III. von Oranien angelegte Jagdpalais Het Loo mit einem herrlichen Barockgarten und dem ehemals grössten Springbrunnen Europas, gespeist von Wassern, die wohl auch den Papierern abgegraben wurden. Das bis Anfang des 20. Jahrhunderts von der Königsfamilie bewohnte Schloss wurde von den Teilnehmern der diesjährigen DAP-Tagung ebenso neugierig besichtigt wie das Museum Middelste Molen in Loenen, wo noch mit einer Papiermaschine aus dem 19. Jahrhundert geschafft werden kann, die aufgrund des beengten Raumes ums Eck läuft. (Das Papier muss, um in die Trockenpartie zu gelangen, abgerissen und um 90 Grad gedreht werden!) In Apeldoorn bot das Coda-Museum – es beherbergt auch die papierhistorische Sammlung von Edo Loeber – eine kleine Ausstellung zur Papierherstellung in Gelderland und eine üppige zu zeitgenössischer Paper Art.
Der Tagungssamstag war dann prall gefüllt mit Vorträgen, darunter auch viel Informatives zur niederländischen Papiergeschichte: In diese führte Bram Bouwens von der Universität Utrecht mit einem konzisen Abriss ein, der zur Klärung regionaler Unterschiede und technischer Entwicklungen der Papiermacherei in dieser Nation beitrug. Willie Bosch stellte ganz konkret in Bildern und Wasserzeichen die Papiermühlen in Twente und deren Aktivitäten im 18. und insbesondere 19. Jahrhundert vor – genannt sei hier nur der auch an anderen Standorten aktive Bernardus Cramer mit seiner Papierfabrik in Ootmarsum (später Berghuizer). Wie heutige Betriebe sich mit holländischem Witz dem Markt und besonders den Kundenwünschen nach einer ökologischen Verpackung ihrer Biowaren anpassen, erläuterte Leon Joore: Unter seinen «auf natürlichen neuen biogenischen Rohstoffen basierten Papieren» sind Umverpackungen mit gewissen Anteilen an Naturgras oder ein Paprikastängelpapier für Paprikaboxen. Etwas weiter holten die ungewöhnlichen Wege des Papiers aus, die der Kunsthistoriker Ad Stijnman (2012 erschien seine Arbeit «Engraving and Etching 1400–2000») versiert beschrieb. Er berichtete von einem Forschungsprojekt, das jenen seltenen japanischen Papieren nachgeht, auf die Rembrandt zwischen 1647 und 1665 einige ihm bedeutsame Stiche druckte: ein gelbliches Gampi-Papier, das – so die momentane These – aus der Präfektur Fukui stammt, wo noch heute dem Stoff als Füllmaterial gelblicher Lehm beigemischt wird, und das in seiner auffälligen Dicke im Auftrag der Vereinigten Ostindischen Kompagnie hergestellt worden sein dürfte, die in ihren asiatischen Niederlassungen Papier benötigte, das sich in gewohnt europäischer Manier beschreiben liess.
Vieles mehr wäre zu berichten: über die recht pragmatischen Tricks, mit denen Bas van Velzen vorführte, wie sich digitale Techniken einfach und ohne grosse Ressourcen nutzen lassen für Papieranalysen, oder über Überraschendes von der Erfindung der Waschmaschine – aber davon ist ja in diesem Heft auch zu lesen. Abschliessend sei daher nur mehr resümierend erwähnt, dass die DAP-Tagung, die nach 23 Jahren engagierten Einsatzes von Frieder Schmidt erstmals unter der Leitung von Georg Dietz stattfand, sich sehen und hören lassen konnte. Dazu beigetragen hat ganz sicher die herzliche Organisation seitens der niederländischen Gastgeber: Martin und Truus Cuppen wie auch Daan und Maaike Schijffelen. Man darf gespannt sein auf die nächste Tagung.