Neun Jahre nach Bad Homburg – Zeit für ein Resümee und einen Neuanfang in Sachen gesamteuropäischer Wasserzeichendatenbank

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von Georg Dietz

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sph-Kontakte Nr. 79 | Juni 2004

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Fest steht, an imposanten Visionen, enthusiastischen Plänen und internationalen Grossprojekten hat es den Wasserzeichenforschern keinesfalls gefehlt. Einer gesamteuropäischen Wasserzeichendatenbank sind wir in all den Jahren aber kaum einen Schritt näher gekommen. So wird im Sommer 2004 das INTAS-Projekt unter Federführung von Alois Haidinger/Wien ohne die Schaffung eines internationalen Wasserzeichenportals abgebrochen werden müssen, da die EU-Gelder für das Anschlussprojekt nicht bewilligt wurden. Das von Peter Tschudin auf verschiedenen Kongressen in Vorläuferversionen vorgestellte Datenbankprogramm der Papiermühle Basel ‚Filigrana‘ ist nun endlich verfügbar. Erste Tests zeigten, dass besonders das der MS Access Datenbank vorgeschaltete Tool zur Wasserzeichenvermessung einen hohen Mehrwert bietet. Leider ist dieses Programm derzeit ausschliesslich auf die Bedürfnisse der Papierhistoriker zugeschnitten. Die Gesamtstruktur bietet Kunsthistorikern, Musik- und Literaturwissenschaftlern nur eingeschränkte Möglichkeiten, dieses System an ihre Bedürfnisse anzupassen. Daher wird sich ‚Filigrana‘ in der jetzigen Form wohl kaum als Gesamteuropäisches Datenbanksystem durchsetzen können. Zudem haben die Wiener ein nahezu baugleiches Vermessungstool entwickelt. Schade ist, dass es sich dabei nicht um die Früchte einer Zusammenarbeit, sondern um eine teure Parallelentwicklung handelt. Die Versuche von John Eakins/Institute for Image Data Research Newcastle, den Wasserzeichenvergleich zu automatisieren, sind als gescheitert anzusehen. Dabei muss zugleich generell die Frage aufgeworfen werden, inwiefern sich die Probleme mit der Isolierung der Wasserzeichen überwinden lassen und sich die im Laufe ihres Lebenszyklus veränderlichen Papiermarken überhaupt für ein solches System eignen. Dagegen ist der Ansatz von Jan van der Lubbe/TU Delft, der die gesamte Röntgenaufnahme als Musterpatron ansieht und diese mit anderen automatisch vergleicht, viel vielversprechender. Jedoch funktioniert auch dieses System bisher nur unter Laborbedingungen und müsste für den Einsatz in Wasserzeichendatenbanken noch weiter angepasst werden.

Große Erfolge habe kleinere, voneinander zumeist ganz unabhängige Datenbankprojekte, aufzuweisen. So umfasst die im Internet komplett zugängliche Wasserzeichendatenbank der Königlichen Bibliothek Den Haag (KB) derzeit rund 10.000 Wasserzeichen, die bis August 2004 noch um weitere 5.000 ergänzt werden sollen. Von 4.407 Wasserzeichen aus diesen Beständen gibt es elektronenradiografische Aufnahmen, von 18.000 Abreibungen, von denen lediglich eine Auswahl von 11.000 im Internet einzusehen ist. Zu Zukunftsplänen in Den Haag kann allerdings derzeit nichts gesagt werden, da der massgebliche Inventor, Gerard van Thienen, im August 2004 in den Ruhestand versetzt wird und weder etwas über die zukünftige KB-interne Betreuungsabteilung oder gar seinen Nachfolger bekannt ist.

Von den rund 95.000 exakt datierten Wasserzeichen vornehmlich der Jahre 1300-1650 der Sammlung Gerhard Piccards wurden in den Jahren 1961-1997 in 17 Findbüchern mit insgesamt 25 Bänden rund zwei Drittel publiziert. Mit der seit Frühjahr 2003 verfügbaren Internetpräsentation der Wasserzeichenkartei Piccard wurden unter Leitung von Peter Rückert zunächst die bisher nicht publizierten Wasserzeichen auf den Internetseiten des Hauptstaatsarchiv Stuttgarts der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bis zum Ende des laufenden Erschliessungsprojektes im Juli 2005 soll eine überarbeitete Gliederung, dann mit 25 Hauptgruppen (statt wie bisher 17), maximal 5 Untergruppen, und allen 95.000 Wasserzeichen im Internet zur Verfügung stehen.

Hinter der Bezeichnung „WZMA – Wasserzeichen des Mittelalters“ verbirgt sich ein Forschungsprojekt der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters unter Leitung von A. Haidinger. Seit dem 1.Juli 1999 ist ein Zugriff auf die dortige Wasserzeichendatenbank möglich. Mit der letzten, im November 2001 erfolgten Aktualisierung, waren über 4.671 Wasserzeichen verfügbar. Davon entstammen 4.205 Zeichen aus Bibliotheks- und Archivhandschriften des Stiftes Klosterneuburg, die übrigen sind Handschriften aus insgesamt 10 weiteren österreichischen Bibliotheken entnommen. Seitdem wurden ständig neue Wasserzeichen erfasst, diese sind jedoch der Internetpräsentation noch nicht hinzu gefügt. Für das Projektende im Juni 2004 wird die Auswertung der schätzungsweise 10-15.000 Wasserzeichen und die genaue Datierung der rund 620 mittelalterlichen undatierten Papierhandschriften der Stiftsbibliothek Klosterneuburg angestrebt. Die derzeitige Internetpräsentation, aus statischen html-Seiten bestehend, wird innerhalb der nächsten Monate vollkommen neu strukturiert und gestaltet werden.

Zudem ist seit längerem an ein gemeinsames Internetportal mit der Wasserzeichenkartei Piccard gedacht. Diese ist bei letzterer aber ebenso wie eine englischsprachige Benutzeroberfläche erst mit dem Start eines Folgeprojektes nach Juli 2005 zu erwarten.

Nun zeigt sich an diesen drei exemplarisch ausgewählten Datenbanken im Hinblick auf eine Verknüpfung von verschiedenen Wasserzeichendatenbanken ein weiteres schwerwiegenderes Problem: all diese Projekte haben für sich eigene Standards definiert.

So werden bei etwa 10.000 Wasserzeichen der Den Haager Datenbank alle Einträge nach individuell modifizierten Hauptgruppen des IPHWasserzeichen-Typenindex klassifiziert. Daneben weisen zusätzlich etwa 605 eine Klassifizierung nach Briquet und 273 nach Piccard auf. 103 Wasserzeichen sind nach allen drei Normen klassifiziert. In Stuttgart wird in Zukunft nach einer neu strukturierten Piccard-Norm geordnet und bei den Wasserzeichen der Klosterneuburger Handschriften wurde eine gänzlich eigene Motivauswahlliste verwendet. Diese ist weder an IPH, noch Piccard oder Briquet angelehnt. Allerdings bietet die dortige Datenbankstruktur die Möglichkeit, jederzeit eine Neugliederung vorzunehmen.

Nach Den Haager Lesart eignet sich der derzeit gültige IPH-Wasserzeichen-Typenindex 2.0 leider nicht für eine europaweite einheitliche Klassifizierung. Nach Aussagen von G. v. Thienen sprengt im niederländischen Raum der Buchstabe ‚P‘ alle bisher vorgesehenen IPH-Untergruppierungen. Gleiches sei bei Venetianischen Inkunabeln vom Motiv der ‚Waagschalen‘ und im Iberischen Raum vom Motiv der ‚Hand‘ zu erwarten. Bei letzterem muss zum derzeitigen Zeitpunkt beispielsweise mit rund 100 Typen gerechnet werden.

Nach Meinung der Entscheidungsträger in Stuttgart hätte eine Neuverzeichnung auf Basis des IPH-Wasserzeichen-Typenindex die vorhandene Struktur Piccards zerstört und der zu erzielende Mehrwert in keinem Verhältnis zu dem daran verbundenen Aufwand gestanden. Zudem ist bei den Wasserzeichenabbildungen aus Piccards Sammlung weder die von der IPH geforderte Arbeit am Original gegeben, noch können Angaben in den vielfältigen Eingabefeldern gemacht werden. Problematisch ist auch, dass Piccard erst im Laufe seiner Arbeit die Bedeutung der Unterscheidung in Siebseite und Papieroberseite erkannte. Es lässt sich bei nichtsymmetrischen Wasserzeichen dieser Sammlung heute daher nicht mehr sagen, in welcher Richtung das Original orientiert war.

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Missing Link; erst durch das an der TU Delft entwickelte automatische Bildvergleichungsprogramm wurde es möglich, die drei Druckgraphiken von Rembrandt ein und demselben Schöpfsieb zu zuordnen. Aus diesem Grunde darf sich die Aufnahme der Papierstruktur auch nicht nur auf das Wasserzeichen beschränken.

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Ein weiteres Problem könnte sich in Zukunft bei den Schussdrahtabständen auftun. In der Den Haager Datenbank wurde das von Vlad Atanasiu entwickelte ‚Density‘-tool integriert. Dabei wird mittels Fast Fourier Transformation der Abstand von 20,5 Schussdrähten an mehreren Stellen im Blatt gemessen und als metrischer Wert abgelegt. Bei ‚Filigrana‘ dagegen werden die Schussdrähte innerhalb von 2 cm durch den Benutzer selbst „ausgezählt“, also eine quantitative Aussage getroffen. Beide Werte sind nun, obwohl sie das gleiche umschreiben, miteinander nicht vergleichbar. Bei den Klosterneuburger Handschriften hat lediglich der Sachbearbeiter vor Ort mit einem speziell entwickelten Tool die Möglichkeit, die Schussdrahtanzahl zweier Wasserzeichen im Hinblick auf die dortige Klassifizierung ‚identisch‘ oder ‚ähnlich‘ zu vergleichen. Bei der Wasserzeichenkartei Piccard können diese Parameter generell nicht erhoben werden. Dass sich hiermit jedoch die Suchergebnisse sinnvoll weiter einschränken lassen, zeigen die Erfahrungen in Den Haag.

Aus der Vergangenheit lernend, sollten wir von dem Traum eines einheitlichen Wasserzeichendatenbanksystems Abstand nehmen und uns stattdessen auf ein gemeinsames gesamteuropäisches Internetportal aller bestehenden und zukünftigen Projekte konzentrieren. Auch erscheint es notwendig, dass sich die kleine Gemeinde der Papierhistoriker den Forschern anderer Disziplinen und deren Problemstellungen noch weiter öffnet, ihnen Technologien zu Verfügung stellt und zugleich klare Normen auferlegt. Denn die handgeschöpften Papiere eines seltenen Buches, einer außergewöhnlichen Handzeichnung oder eines unbekannten Notenblattes haben alle eine Struktur im Papier und fragen nach Querverweisen bzw. können diese bieten. Um jedoch eine solche Verknüpfung zu ermöglich, bedarf es neben der Erhebung gleicher Wasserzeichen- und Siebparameter auch der Einigung auf einen einheitlichen Wasserzeichenindex. Der derzeit gültige IPH-Wasserzeichen-Typenindex 2.0 kann dafür nur die Grundlage sein, wohlwissend, dass wir gemeinsam an eine Überarbeitung denken sollten. Dies scheint jedoch erst sinnvoll, wenn reichlich Wasserzeichen verschiedener Orte und verschiedener Epochen erhoben sind. Für diese Aufgabe müssen flexible Datenbanksysteme, wie sie derzeit schon bei der Erforschung der Klosterneuburger Handschriften und in Zukunft auch am Niederländischen Kunsthistorischen Institut in Florenz verwendet werden, zum Einsatz kommen und anderen Projektgruppen zur Verfügung gestellt werden. Daneben und um teure Parallelentwicklungen in Zukunft zu vermeiden, sollten wir alle mehr kommunizieren und unsere derzeitigen Projekte öffentlich machen.

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